Die Zahl der überschuldeten Haushalte in Deutschland liegt seit Jahren auf konstant hohem Niveau. Von Überschuldung wird gesprochen, sobald ein(e) Schuldner(in) nicht mehr über genügend Liquidität verfügt, um fällige Zahlungsaufforderungen zu begleichen. Vor Beginn der Corona-Pandemie waren etwa 6,92 Millionen Erwachsene überschuldet.

Die Situation hat sich seither deutlich verschärft. Erwerbstätige sind von Kurzarbeit betroffen, bei vielen Selbständigen brachen Einnahmen weg, die Haushaltseinkommen sinken rapide und Immobilienfinanzierungen sind ins Wanken geraten. Vor allem Kurzarbeitende, Solo-Selbständige und Kleinunternehmer_innen, aber auch eine Reihe von Geringverdiener_innen und Rentner_innen sind in diesem Jahr in eine schwierige finanzielle Lage geraten. Arbeitslosigkeit hat pandemiebedingt zugenommen; sie ist schon immer der Hauptauslöser für Überschuldung.

Das Risiko von Armut und Verschuldung wächst und trifft sowohl Familien als auch Einzelpersonen - darunter nicht wenige, die zuvor in gesicherten Verhältnissen lebten.
Aus normalen, geordneten Verschuldungssituationen können leicht existenzbedrohende Überschuldungen erwachsen.

Recht auf Schuldnerberatung umsetzen

 


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In dieser Situation brauchen die Betroffenen gute Beratung, um nicht in eine Verschuldungsspirale zu geraten. Gerade die besonders betroffenen Klein- und Solo-Selbständigen haben vielerorts keinen Anspruch auf Beratung. Ebenso trifft dies auch für Kurzarbeitende zu. 

Daher muss ein niedrigschwelliger, flächendeckender Zugang zu den Beratungsangeboten für alle Ver- und Überschuldeten sichergestellt werden. Nur ein individueller Rechtsanspruch auf die Beratungsleistung sichert für alle Zielgruppen einen Zugang zur Schuldnerberatung. Der Deutsche Caritasverband schlägt vor, diesen Rechtsanspruch im SGB XII gesetzlich zu verankern. 

Beratungskapazitäten für Ver- und Überschuldete ausweiten


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In dieser Situation brauchen die Betroffenen gute Beratung, um nicht in eine Verschuldungsspirale zu geraten. Gerade die besonders betroffenen Klein- und Solo-Selbständigen haben vielerorts keinen Anspruch auf Beratung. Ebenso trifft dies auch für Kurzarbeitende zu.  Die meisten Schuldnerberatungsstellen arbeiten seit Jahren an der Kapazitätsgrenze. Bereits heute können lediglich 20 Prozent der überschuldeten Haushalte beraten werden. Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste zusätzliche Bedarf kann mit den bestehenden Ressourcen nicht aufgefangen werden. 

Der Deutsche Caritasverband hält daher den Ausbau der Schuldnerberatungsangebote zu einem - den Bedarf verlässlich deckenden - Netz für dringend geboten. Grundlage sollte ein allgemein anerkannter Bedarfsschlüssel sein. Nach Einschätzung des Deutschen Caritasverbandes sind mindestens zwei vollzeitbeschäftigte Schuldnerberatungsfachkräfte pro 50.000 Einwohner nötig,  damit alle überschuldeten Bürger_innen zeitnah beraten werden können.

Mietschulden abwenden 


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Bereits vor der Corona-Pandemie lebten in Deutschland über 11 Millionen Menschen in einem Haushalt, das von den Wohnkosten überlastet war. Bei sinkenden Einkommen, wie sie viele aufgrund der Pandemie erleben, sind hohe Wohnkosten ein "Albtraum", nicht selten können sie zum Auslöser einer Verschuldungsspirale werden. Die inzwischen regelmäßig vorzulegende Schufa-Auskunft stellt für Menschen mit Überschuldungsgefährdung ein zusätzliches Hindernis dar, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Selbst wenn nur Schulden infolge von Telefonie oder Warenbestellungen vermerkt sind, verweigern viele Vermieter_innen den Abschluss eines Mietvertrages. Der Deutsche Caritasverband fordert, die Speicherdauer von Zahlungsstörungen und insolvenz-rechtlichen Maßnahmen auf ein Jahr zu begrenzen. Sozialer und gemeinwohlorientierter Wohnungsbau spielt bei der Wohnungsversorgung für Haushalte mit geringem Einkommen eine wichtige Rolle und muss erheblich gestärkt werden. 

Der Deutsche Caritasverband fordert wirksame Investitionsanreize und das Ausschöpfen wohnungs- und planungspolitischer Instrumente, damit gerade in Ballungsräumen nicht nur Wohn-raum im Luxus-Segment neu entsteht, sondern bezahlbare Mietwohnungen für alle. Der Deutsche Caritasverband fordert: Auf enger werdenden Wohnungsmärkten dürfen Empfänger_innen von SGB II und SGB XII-Leistungen nicht auf "Unangemessenheit" der Mietkosten ihrer Wohnung verwiesen werden, wenn faktisch ein Wohnungswechsel nicht möglich ist oder zu einer Abwärtsspirale von Mietschulden und Entwurzelung führen würde.

Die Ermittlung der an-gemessenen KdU muss dauerhaft praktikabel gestaltet werden. Die Corona-Ausnahmeregelungen im Sozialschutz-Paket, die für die Anerkennung der KdU befristet Erleichterungen geschaffen haben, waren ein richtiges und wichtiges Signal.  Das gilt auch für die Übernahme der KdU von bis zu 75% durch den Bund, wie sie im Corona-Konjunkturpaket der Regierungsparteien im Juli 2020 verabredet wurde. 

Hürden für Energiesperren erhöhen


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Die Energieversorgung von Haushalten ist Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe. Allerdings steigen die Kosten hierfür seit Jahren, wachsende Energie-schulden sind die Folge. Besonders hart treffen die Kostensteigerungen Menschen, die Sozialleistungen beziehen sowie Haushalte, die gerade so viel Einkommen erwirtschaften, dass sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Verstärkt betrifft dies nun auch Familien, in denen durch die Corona-Pandemie Einnahmen weggebrochen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass in der Krisensituation der Verbrauch an Haushaltsenergie gestiegen ist. Bei Zahlungsverzug drohen Energiesperren.

Der Deutsche Caritasverband fordert, dass die Hürden für Energiesperren deutlich erhöht wer-den. Bei Sozialleistungsbezug müssen die tatsächlichen Ausgaben für Energie berücksichtigt und an die Regelleistungen angepasst werden.